Dem Putin dienen
Von Henryk
M. Broder
Ex-Kanzler
können Blumen züchten, Memoiren schreiben oder
Vorträge halten. Gerhard Schröder dagegen
macht sich zum russischen Interessenvertreter in Deutschland. Und mischt sich in unanständiger Weise in die Politik
seiner Nachfolgerin Angela
Merkel ein.
Mit dem
Eid, den der Kanzler bei Amtsantritt
leistet, verpflichtet er sich unter
anderem, seine Kraft "dem
Wohle des deutschen Volkes (zu) widmen,
seinen Nutzen (zu) mehren, Schaden
von ihm (zu) wenden... und Gerechtigkeit gegen jedermann (zu) üben". Was er nach dem
Ende seiner Amtszeit tun oder lassen sollte, davon ist
in dem Eid keine Rede.
AFP
Schröder mit
Putin: Enge Bande (Archivbild von 2005)
Normalerweise suchen
sich Ex-Kanzler ein Hobby. Der eine züchtet Rosen, der andere schreibt
seine Memoiren. Ex-Kanzler sind gern
gesehene Ehrengäste bei Kongressen, Messen und Galas zugunsten wohltätiger Zwecke. Dabei gilt für ihre Auftritte in der Öffentlichkeit eine ungeschriebene Regel: "Die ehemalige Nummer eins äußert
sich niemals zur amtierenden Nummer eins", sagt Hans-Ulrich Klose, SPD.
Gerhard Schröder ist da eine Ausnahme, in mehrfacher Hinsicht. Schon in der Wahlnacht
hatte er deutlich gemacht, was er für seine Nachfolgerin
empfand: nichts als nackte
Verachtung. Und dann dauerte es nur
wenige Wochen nach seiner Abwahl
als Kanzler, bis er bekannt
gab, dass er einen Job bei einem
internationalen Konsortium annehmen würde, dazu noch einem
Unternehmen, nämlich Gazprom, das aufs Engste mit dem
russischen Staatsapparat verbunden ist.
So etwas
hatte sich vor ihm kein
anderer Ex-Kanzler getraut. Die Sache hatte einen schweren
Hautgout, denn wie kaum ein
Kanzler vor ihm hatte Schröder
immer das Moralische im Politischen betont, zuletzt als er
den Amerikanern die Gefolgschaft
im Irak-Krieg verweigerte. Russland gegenüber nahm
Schröder eine andere Haltung ein. Er nannte den russischen Präsidenten Wladimir Putin einen "lupenreinen Demokraten" und
auf den Krieg in Tschetschenien
angesprochen, äußerte er sich extrem
nachsichtig: "Muss man differenziert
sehen."
Russland ist für Schröder
Herzensangelegenheit
Russland, schrieb das "Handelsblatt"
Ende 2005, "wurde Schröder zu einer
Herzensangelegenheit". Und das ist sie immer noch. Schröders
primäre Aufgabe als deutscher
Altkanzler scheint es, Putin zu
verteidigen und dem Wohl der russischen
Energiewirtschaft zu dienen. Vertrat er früher deutsche Interessen gegenüber der Welt, so vertritt er heute russische
Interessen in Deutschland und Europa.
Anders ist sein Auftritt vor
dem Europa-Forum der Quandt-Stiftung in
Schröder hielt
eine Rede, in der es vor
allem um die "Energie-Partnerschaft"
zwischen Russland und Europa ging. Es gebe, sagte er,
"kein verlässlicheres Energielieferland als
Russland", jede Kritik an Russland müsse "immer die Rahmenbedingungen berücksichtigen",
wer glaube, "Entwicklungen in Moskau kritisieren zu müssen", dürfe zu dem, was in Georgien passiere, "nicht schweigen". Und:
"Europa sollte alles unterlassen, was als Eindämmungs-
oder Einkreisungs-Politik missverstanden werden könnte." Schöner und klarer hätte es
auch der russische Außenminister nicht sagen können:
Was "Einkreisungspolitik" ist, entscheiden
wir.
So wie vor 1989 von einem "Wandel durch Annäherung"
geredet wurde, so sprach Schröder nun von einer "Annäherung durch Verflechtung", eine Losung, die sein Freund und Außenminister
Frank-Walter Steinmeier (SPD) ausgegeben
hatte. Er betonte die besondere Bedeutung Russlands für Deutschland in Fragen der "Versorgungssicherheit"
und forderte die Deutschen
auf, die Beziehungen zur Sowjetunion, pardon: Russland,
"vertrauensvoll und positiv"
weiterzuentwickeln. Denn das Russland
von heute sei "eine selbstbewusste politische und ökonomische Macht".
So selbstbewusst und
so mächtig, dass es keine Skrupel
hat, deutschen Frachtfliegern
die Überflugrechte zu verweigern und damit zu drohen, seine Raketen auf Ziele in Westeuropa auszurichten - zwei Kleinigkeiten, die zu erwähnen der
Repräsentant der Gazprom nicht für
nötig hielt.
Fußtritt gegen
Nachfolgerin Merkel
Dafür leistete
er sich gleich
zu Anfang seiner Rede einen
Fußtritt gegen die Kanzlerin, ohne sie beim Namen
zu nennen. Man dürfe nicht "auf diejenigen hören, die wieder Mauern, diesmal rhetorische und ideologische, aufbauen" wollten. "Manche tun dies mit dem
Verweis auf ihre Biografie, die Erfahrungen mit Systemen wie
der DDR." Er habe Verständnis für solche "Emotionalität", aber man dürfe sich in der
internationalen Politik davon nicht leiten
lassen.
Infamer geht's nimmer. Während Merkel sich
von Emotionen leiten lässt, geht Schröder
nach rein sachlichen Kriterien vor. Was in gewisser Weise auch richtig ist,
wenn man die Kriterien beim Namen nennt:
Was ist gut und was ist schlecht für das heutige Russland, das "in keinster Weise mit der damaligen Sowjetunion
gleichgesetzt werden kann". Was zwar auch eine Binse,
aber dennoch richtig ist.
Denn die Sowjetunion war bei ihren PR-Anstrengungen
noch auf Satrapen wie die DKP angewiesen, das Russland von heute schickt einen ehemaligen
deutschen Kanzler in die internationale Arena.
Schröders Eintreten
für russische Interessen, die er mit den europäischen gleichsetzt, ist
freilich mehr als seine persönliche "
Ausgerechnet in